Ausland (generell)


Um mich auch mal wieder interessanteren Themen zuwenden zu koennen, schliesse ich das Thema College-Contact vorerst einmal ab. Urspruenglich wollte ich nur einen Eintrag ueber die Tuecken beim Auslandsstudium schreiben und Dinge erlaeutern, die man bei einem Auslandsstudium (im Unterschied zu einem Auslandssemester) besonders beachten sollte. Um mir nochmal viele der Informationsangebote in Erinnerung zu rufen, googelte ich also nach „Auslandsstudium“, et voila, die erste Referenz war College-Contact.com. Dies ist der einzige Grund, warum ich ueberhaupt auf dieser Webseite gelandet bin.

Den Artikel ueber die Tuecken des Auslandsstudiums werde ich heute oder morgen noch nachreichen. Ich werde aber nochmal einige letzte Anmerkungen machen, bevor ich das Thema College-Contact hier ruhen lasse. (mehr …)

College-Contact macht mich jetzt auch wirklich ärgerlich. Es gibt viele naive junge Leute, die von allen Seiten eingetrichtert bekommen „Sucht eine Nische auf dem Arbeitsmarkt! Stecht heraus!“ Ein Weg, der vielen jungen Menschen dabei nahegelegt wird, ist die Qualifikation im Ausland. Klar, wir leben in einer globalisierten Welt. Da liegt es doch nahe, ein paar Semester, oder ein ganzes Studium, im Ausland zu absolvieren.

Dagegen habe ich gar nichts. Ich finde das Ausland spannend, lerne gerne neue Orte/Kulturen/Menschen kennen. In meinem jetzigen Studiengang sind drei Deutsche, zwei Türken, zwei Briten, ein Koreaner, und nur ein Amerikaner. Ich finde dies spannend und anregend.

Allerdings habe ich ganz alleine hierhin gefunden. Wäre es ein Reinfall gewesen, es wäre allein auf meinem Mist gewachsen. Und ja, es gibt viele gute und seriöse Organisationen (von denen ich noch berichten werde), die seriöse Informationen und gute Beratung anbieten. Kostenlos, und manchmal auch nicht kostenlos.

Wenn aber ein Unternehmen die Naivität junger Menschen ausnutzt, die es nicht besser wissen, dann geht mir die Galle hoch! Gerade im Bezug auf ein Studium in den USA kenne ich mich sehr gut aus. Ich bin hier Ausländer; musste alle Hürden durchlaufen. Meine Frau ist Amerikanerin, weiß was hier los ist. Wir beide studieren an einer sehr renomierten Universität. Wir beide kennen uns mit dem Bildungssystem, dem Land, den Gesetzen und den Gepflogenheiten hier aus (und keine Sorge, wir sind beide sehr kritisch denkende Menschen). (mehr …)

Es tut mir leid, nochmal auf CollegeContact rumreiten zu müssen. Aber Ramon Tissler hatte recht: ich habe wirklich nicht gut recherchiert. Die Sache ist nämlich noch viel schlimmer, als ich bisher angenommen hatte!

Mir wäre gerade fast das gute Essen wieder hochgekommen, was ich bei meinem Prof bekommen habe. Ich habe nämlich nochmal einen genaueren Blick auf College-Contact.com geworfen und einige wirklich dubiose Dinge gefunden. (mehr …)

Zunächst einmal vielen Dank für Deine Antworten/Reaktionen. Hinsichtlich Deiner Frage, warum ich „Firmen ins schlechte Licht“ rücke, laß mich soviel sagen: gerade in der heutigen Arbeitsmarktsituation in Deutschland und dem Konkurrenzdruck, den junge Menschen dort vorfinden, drängt es immer mehr Leute ins Ausland, weil sie sich davon einen Vorteil versprechen. Das dies viele kommerzielle Unternehmen auf den Plan ruft, die sich durch Dienstleistungen für solche Studenten eine goldene Nase verdienen wollen, ist demnach nicht weiter überraschend. Nicht umsonst geht die EU inzwischen gegen dubiose Sprachreiseveranstalter vor.

Auch die Operationen von College-Contact sind dem Anschein nach kommerziell. Du behauptest in Deinem Kommentar: „Das ganze Geschäft war auch ursprünglich eine rein ideologische Idee, Leuten zu helfen, ganz ohne Geld.“ Das ist in der Tat eine sehr interessante Behauptung. Zum einen bekommt Ihr ja Geld von den Partnerhochschulen für Eure Vermittlung/Beratung. Aber Ihr vermittelt ja auch an andere Universitäten, wie Du richtig anmerkst. Dazu heißt es jedoch auf der Wer-Wir-Sind-Seite von College-Contact wörtlich:

Interessieren den Kunden andere Hochschulen, hilft unser kostenpflichtiger Suchservice oder Bewerbungsservice auch unabhängig weiter. [Hervorhebung von mir]

Folglich bietet Ihr zwei Arten von Service an: Einen kostenpflichtigen Service, der „unabhängig“ berät, und einen kostenlosen, der Euch von den Unis bezahlt wird. Von Interessenvermischung etc.pp. will ich gar nicht mal anfangen – aber unter unabhängiger Beratung verstehe ich etwas anderes. Es bleibt dem Kunden überlassen zu mutmaßen, welcher Service Euch mehr Geld einbringt – und Du hast recht: jeder sollte sich sein eigenes Bild über Deine Firma machen.

Zu der Behauptung, Ihr hättet auch „viele renommierte Unis wie die UC Berkeley, UCLA, Boston University etc.,“ im Angebot: auch das ist richtig, bloß wieder nur die halbe Wahrheit. Ihr habt nämlich lediglich deren „Summer Sessions“ im Angebot. Summer Sessions sind kurze Sommerprogramme, die manchmal durchaus sinnvoll sind, aber auch viel Geld kosten. Aufnahmekriterien gibt es meist kaum, jeder kann sich im Prinzip in diese Programme einschreiben, und einen Abschluss oder ein Zertifikat gibt es meist auch nicht.

Wie gesagt, für manche Leute lohnen sich diese Programme, da sie vermeintlich gut im Lebenslauf aussehen. Allerdings können auch diese drei Angebote nicht darüber hinwegtäuschen, um was es geht: Geld. Die meisten renomierten Hochschulen in den USA bieten Summer Sessions an. Meist werden diese von jungen Professoren unterrichtet, die sich was Geld hinzuverdienen möchten. Das ist auch alles nicht weiter verwerflich, aber die Unis verdienen sich eben ein kleines Zubrot und geben Euch im Endeffekt etwas davon ab, wenn Ihr ihnen Leute vorbeischickt.

Was mich an Deiner Seite nun stört ist, dass Du Dich als selbstlosen Samariter gibts, der durch „unabhängige“ und „kostenlose“ Beratung jungen Menschen zum Auslandsstudium verhelfen möchte. Ich empfinde eine solche Fassade als unseriös und kann Leuten nur empfehlen sich wirklich unabhängige Beratung zu holen. (Allein bei der amerikanischen Botschaft findet man die wichtigsten Informationen.)

Mir rechtliche Schritte anzudrohen steht Dir natürlich weiterhin frei. Sollte es tatsächlich Aussagen meinerseits zu beanstanden geben, teile dies bitte sachlich mit, und ich werde meine Aussagen nochmals überprüfen und gegebenenfalls korrigieren. Ansonsten wünschen ich Euch noch einen angenehmen Tag und frohes Schaffen.

Ramon Tissler ist ein fleißiger Mensch. Nach dem BWL-Studium verschlug es ihn für zwei Jahre an die University of Mobile, eine christliche Universität an der Küste von Alabama im tiefsten Süden der USA, und beschreibt seine Erfahrung dort unter anderem so:

Das Leben an der Uni ist auf der einen Seite sehr persönlich, weil man ein enges Verhältnis zu den Studenten bekommt, die auf dem Campus wohnen. Daraus sind viele enge Freundschaften, besonders zu den Mitbewohnern entstanden. Ansonsten ist das „Leben“ sprich Sex, Drugs and Rock&Roll sehr begrenzt, da die Baptistische Kirche Alkohol verbietet, genauso wie Frauen in Männerhäusern bzw. auch andersherum, was für manche ziemlich ätzend sein kann.

Immerhin bekam Tissler in Mobile einen MBA im Fach Marketing. Weil ihn sein Auslandsaufenthalt sehr fasziniert zu haben scheint, entschied er sich, anderen Studenten das Ausland näher zu bringen. Er gründete die Webseite college-contact.com im Rahmen eines Existenzgründerwettbewerbs des RCDS (der Studentenorganisation der CDU) „unter [der] Schirmherrschaft von Dr. Jürgen Rüttgers und Dr. Lothar Späth“ und belegte dort den zweiten Platz.

College-Contact scheint ein toller Service zu sein, denn

College-Contact.com bietet einen unabhängigen kostenlosen Beratungsservice per Telefon, Email oder vor Ort in Münster an. Wir können diesen Service kostenlos anbieten, da wir uns mit Werbung auf der Internetseite finanzieren und von den ausländischen Hochschulen, die wir offiziell hier in Deutschland repräsentieren, Marketingbudgets erhalten. Unsere konkrete Beratung und Bewerbung zu Studienprogrammen von all unseren Partnerhochschulen ist demnach ebenfalls kostenlos.

Fragt sich nur, wie ein Beratungsservice „unabhängig“ (sic!) sein kann, wenn sich die Firma selbstredend durch Marketingbudgets ausländischer Universitäten finanziert. Aber nun gut, schauen wir doch mal, was die Seite so anbietet. Schnell mal auf die Sektion „Bachelor Abschlüsse“ geklickt und, oha, eine lange Liste mit Universitäten, für die College-Contact Werbung macht kostenlose Einschreibungshilfe anbietet. Vom renomierten Seattle Central Community College (für läppische $13.284,75 im Jahr) bis zur bekannten Montana State University ($12.700/Jahr) ist das Who-is-Who internationaler Bildungsschmieden im Angebot von College-Contact vertreten. (mehr …)

Zu den Hintergründen, warum ich im Ausland studiere, habe ich ja schon einiges gesagt. Allerdings möchte ich hier ein wenig näher auf meine Motivation eingehen und einige Dinge ansprechen, die in der Öffentlichkeit des öfteren diskutiert werden, oder die mir als weitverbreitete Vorurteile in der Vergangenheit begegnet sind.

Zunächst einmal eine Klar- bzw. Feststellung (und dies kann ich eigentlich gar nicht genug betonen!): viele Dinge, die über das Studieren im Ausland (und ich meine hiermit speziell den anglo-amerikanischen Raum) gesagt oder geschrieben werden, sind entweder schlichtweg falsch, oder sie geben ein arg verzerrtes Bild wieder. Egal ob es um Debatten über Eliteuniversitäten, Braindrain, Bildungspolitik im allgemeinen oder sozio-ökonomische Aspekte im speziellen geht, es entsteht ein gewisses Zerrbild, was beispielsweise zu regelrechten Mythen über Harvard oder Oxbridge in Deutschland führt. Hier erhoffe ich mir, einiges gerade rücken zu können, wenngleich nur mithilfe meiner subjektiven Eindrücke. Zumindest habe ich zu solchen Debatten einen etwas priviligierten Zugang und kann versuchen, die verschiedenen Themen anderen zugänglicher zu machen.

Fakt ist in jedem Fall, dass auch an den Top-Universitäten in England oder den USA nur mit Wasser gekocht wird. Wer sich allein aufgrund von Mythen und der vermeintlichen Reputation dazu entschließt, es hier und dort zu versuchen, wird unter Umständen sehr ernüchtert sein. Ein Studium sollte ein wohlüberlegter Schritt sein, ob in Deutschland oder im Ausland, und im Nachhinein hätte ich mir schon über einige Dinge mehr Gedanken machen sollen. Nein, ich bereue es nicht in Oxford studiert zu haben; aber mit ein wenig mehr Überlegtheit und ein wenig mehr Vorbereitung wäre mir wahrscheinlich so manche Enttäuschung erspart geblieben (dazu später mehr).

Wieso bin ich denn nun ein Bildungsflüchtling? Zunächst vielleicht: der Begriff selbst scheint semantisch ja doch ein wenig eigenartig. Schließlich flüchtet der Bildungsflüchtling ja nicht vor Bildung, sondern erhofft sich ja, diese gerade durch seine „Flucht“ zu finden. Diese Hoffnung, mit all den bekannten Assoziationen (bessere Studienbedingungen, kürzere Studienzeiten, etc.) hatte ich in jedem Fall schon; jedoch ist dies, denke ich, nicht der Hauptgrund für meinen Weg ins Ausland.

Vielmehr hatte ich schon früh Fernweh, bin viel gereist, und fühlte mich immer davon angezogen, Menschen aus anderen Kulturen kennenzulernen und andere Lebensweisen zu erfahren. Für jeden, der den Schritt ins Ausland wagen möchte (zumindest, wenn es über ein oder zwei Auslandssemester hinaus gehen soll), ist dies eigentlich eine Grundvoraussetzung. Neugier und Offenheit sind in jedem Fall essentiell.

Demnach sehe ich mich auch weniger als „Flüchtling“. Im Gegenteil: ich hatte immer vor, irgendwann nach Deutschland wieder zurück zu kehren (die Stimmung war nicht halb so mies, als ich Deutschland verließ), und vielleicht sogar nochmal an einer deutschen Universität zu studieren. Heute sehe ich das durchaus etwas anders, nicht zuletzt, weil die Stimmung so mies ist und mich Politik in Deutschland einfach nur noch deprimiert. (um die Kritik vorneweg zu nehmen: ja, Politik deprimiert mich auch in anderen Ländern, aber als Deutscher habe ich eben einen besonderen Bezug zu dem, was in Deutschland passiert. Amerikanische, britische oder indonesische Politik betrachte ich auch kritisch, aber ich stehe dem doch distanzierter gegenüber.)

In diesem Sinne sei gesagt, dass der Wunsch, im Ausland zu studieren, unabhängig davon vorhanden sein sollte, ob die Studienbedingungen jetzt wirklich so viel schlechter in Deutschland sind, oder nicht. Leider entsteht durch die zahlreichen Bilder, die in den Medien gezeichnet werden, schon fast ein gewisser Druck, es im Ausland zu versuchen. Ich werde in den nächsten Wochen noch einiges über verschiedene Mythen und Gerüchte schreiben, allen voran über so wahnsinnig „informative“ Beiträge, wie die „Mail aus Yale“ Kolumne auf Spiegel Online. Gerade solche „Homestories“ vermögen es nicht, Vor- und Nachteile adäquat darzustellen und zu thematisieren; sie kreieren und erhalten eben das Image der Eliteuniversität, an der alles Super ist, nur perfekte Menschen studieren, die nie in ihrem Leben irgendwelche Probleme haben, und erzeugen durch dieses Image eben oftmals falsche Träume.