Habe heute endlich meinen Führerschein erhalten. Wer meint, Bürokratie sei in den USA einfacher zu bewältigen, als in Deutschland, den kann ich nur müde belächeln. Das Verständnis, dass ich noch für alle möglichen Schikanen bei der amerikanischen Botschaft für die Beantragung meines Immigrant Visas aufbringen konnte, ging mir beim Secretary of State Office in Michigan für die Beantragung meines Führerscheins vollends verloren. Ich habe meinen Führerschein in Michigan beantragt, denn in New York müsste ich meinen deutschen Führerschein abgeben, um einen hiesigen zu erhalten (Führerscheine sind Angelegenheiten der Bundesstaaten). Glücklicherweise war ich bei der Einwanderungsbehörde in Michigan registriert, so dass dies prinzipiell möglich war.

Allerdings haben sich die Behördenmitarbeiter schon ziemlich dämlich angestellt. Alle Dokumente waren soweit vorhanden; allerdings wollte die nette Sachbearbeiterin meinen internationalen Führerschein nach dem „Übereinkommen über den Straßenverkehr vom 8. November 1968“ nicht als Übersetzung meines deutschen Führerscheins akzeptieren, auch wenn beide von der gleichen deutschen Führerscheinstelle ausgestellt waren. Immerhin bat sie mich gleich einmal, den theoretischen Test zu absolvieren. Den Test und einen Bleistift in der Hand, durfte ich mich dann im Überfüllten Wartesaal in eine Ecke setzen und meine Kreuzchen machen.

Zwar konnte ich einige Fragen nicht wirklich beantworten (wie schnell darf man hier in einer Baustelle fahren, wenn kein Schild vorhanden ist? 45 Meilen. Aha.), und auch hatte ich keine Ahnung, wie viele Fehlerpunkte erlaubt waren; aber mit nur fünf falschen Antworten hatte ich immerhin sogleich den Test bestanden. Blieb die Übersetzung meines Führerschein. Inzwischen wurde die zweite Sachbearbeiterin auf mich angesetzt, welche mir sogleich einen Temporary Road Permit austellen wollte (der mich berechtigt, mit einer Begleitung zu fahren; einen Road Test müsste ich dann trotzdem noch machen). Auf meine Einlassung, dass ich hier mit meinem deutschen Führerschein schon länger Auto fahre und auch noch weiterhin fahren darf, keinen Temporary Permit brauche, schon seit 5 Jahren Auto fahre, und dies auch schon in immerhin 10 Ländern, entgegnete sie mir, dass sie meinen Führerschein trotzdem nicht lesen könne.

Insgesamt habe ich bestimmt eine halbe Stunde mit den zwei Damen diskutiert, bevor sie mich zu einer anderen Behörde schickten, in der angeblich Übersetzer säßen, was ich stark bezweifelte. Meine Zweifel sollten sich bewahrheiten, denn in der anderen Behörde wusste man von keinen Übersetzern. Immerhin hatten die Beamten dort auch sonst nichts zu tun, und so riefen sie wenigstens bei dem Secretary of State Office an, um zu fragen, was genau die nun denn von mir wollten und warum man mich zu ihnen geschickt hatte. Als Antwort erhielten die Damen lediglich, ich solle zurück zum Secretary of State gehen.

Dort wurde nun eine dritte Sachbearbeiterin auf mich aufmerksam (einzig erfreulich war, dass ich eigentlich nie warten musste), welche sich nach einem kurzen Blick auf meine Dokumente lediglich kurz umdrehte und ein Buch aus dem Schrank zog: ein Buch, welches eine Musterübersetzung eines deutschen Führerscheins beinhaltete und als offizielles Handbuch der Behörde zu fungieren schien. Die Bearbeitung dauerte letztendlich fünf Minuten, weshalb ich mich immernoch frage, warum ich zuvor über eine Stunde lang auf Granit herumgekaut habe.

Nun denn, der Lappen kam heute per Post, und so werde ich von nun an im Supermarkt hoffentlich nicht mehr wie ein Außerirdischer angeschaut, wenn ich mir mal eine Flasche Bier kaufen möchte. Mit deutschem Paß, Personalausweis und selbst mit der Green Card dauert die Identifizierung meines Geburtsdatums dort mitunter schonmal zehn Minuten, und nicht selten wurde der Manager zu Hilfe gerufen oder mir der Verkauf von Alkohol komplett verweigert.